VVPN – Verband der Vertragspsychotherapeuten Nordbaden

Mitglied im BVVP Baden-Württemberg und BVVP Bundesverband

Fach­ta­gung 20 Jah­re VV­PN

„Men­schen­bild und Psy­cho­the­ra­pie“ - 
Ei­ne Be­stands­ana­ly­se im stän­di­gen Wer­den

Bernd Schneid

Fachtagung 2014 auf der Molkenkur Heidelberg

An­läss­lich des 20-jäh­ri­gen Be­ste­hens des vv­pn lud der Ver­band der Ver­trags­psy­cho­the­ra­peu­ten Nord­ba­den im Rah­men ei­ner Fach­ta­gung zu dem ak­tu­el­len The­ma „Men­schen­bild und Psy­cho­the­ra­pie“ in das ma­le­risch ge­le­ge­ne Schloss­ho­tel Mol­ken­kur in Hei­del­berg ein. Bir­gitt Lackus-Reit­ter vom vv­pn-Vor­stand be­grüß­te als Mo­de­ra­to­rin der Ver­an­stal­tung die zahl­reich er­schie­ne­nen Ta­gungs­teil­neh­mer und stell­te die drei re­nom­mier­ten Re­fe­ren­ten vor. De­ren un­ter­schied­li­che An­sät­ze reich­ten von der ko­gni­ti­ven Ver­hal­tens­the­ra­pie, zu Af­fekt­re­gu­la­ti­ons- und Bin­dungs­theo­ri­en, so­wie zur phä­no­me­no­lo­gisch ba­sier­ten Psych­ia­trie und bil­de­ten ei­ne trans­fa­kul­tä­re Ba­sis, um das The­ma von ver­schie­de­nen Per­spek­ti­ven zu be­leuch­ten.

Eröffnungsrede von Hans Hirsch

Mit ei­nem Ein­lei­tungs­re­fe­rat führ­te Hans Rai­mund Hirsch, vom Vor­stand des vv­pn, ins The­ma und ver­knüpf­te es mit den Auf­ga­ben und Zie­len des Ver­bands der Ver­trags­psy­cho­the­ra­peu­ten. Der Über­blick zur Ge­schich­te des Ver­ban­des als ver­fah­rens­über­grei­fen­dem Zu­sam­menschluss der ge­mein­sa­men Richt­li­ni­en­ver­fah­ren, ließ die Sta­tio­nen von der Grün­dung im Jahr 1994, zu sei­ner Ent­wick­lung als Dach­ver­band und den be­rufs­po­li­ti­schen Er­fol­gen deut­lich wer­den. Hirsch ver­wies auch auf durch­aus gra­vie­ren­de­re Dis­pu­te in der 20­jäh­ri­gen Ge­schich­te, die al­ler­dings stets de­mo­kra­tisch und so­li­da­risch ge­löst wur­den. So zi­tier­te Hirsch pas­send sei­ne Kol­le­gin Bir­gitt Lackus-Reit­ter, die ein­mal be­merk­te: „Wir lern­ten uns zu­zu­hö­ren.“ Ins­ge­samt ver­wies Hirsch auf das in­ner­ver­band­li­che Kli­ma der To­le­ranz und Wert­schät­zung, die für ihn im Ver­band die in­te­gra­len Po­si­tio­nen sind. So Hirsch: „Wenn­gleich nach Au­ßen un­merk­lich, ist der de­mo­kra­ti­sche in­ner­ver­band­li­che Pro­zess viel­leicht die höchs­te Leis­tung des Ver­ban­des der Ver­trags­psy­cho­the­ra­peu­ten.“ Zum En­de wünsch­te er den Teil­neh­mern ei­ne an­re­gen­de Ver­an­stal­tung im ge­gen­sei­ti­gen Aus­tausch der ver­tre­te­nen Stand­punk­te.

Vortrag von Prof. Dr. Martin Hautzinger

Das ers­te Fach­re­fe­rat führ­te Prof. Dr. Mar­tin Haut­zin­ger, Lehr­stuhl­in­ha­ber der Kli­ni­schen Psy­cho­lo­gie und Psy­cho­the­ra­pie an der Uni­ver­si­tät Tü­bin­gen. Un­ter dem Ti­tel „Das Men­schen­bild in der mo­der­nen Psy­cho­the­ra­pie“ eru­ier­te Haut­zin­ger die Me­tho­dik der Ver­hal­tens­the­ra­pie im Hin­blick auf das sub­jek­ti­ve Er­fah­ren des Pa­ti­en­ten und des­sen Un­ter­stüt­zung zur Be­wäl­ti­gung des schein­bar Un­be­wäl­tig­ba­ren. Hier­bei gin­ge es vor al­lem um die För­de­rung der Klä­rungs-, Pro­blem­lö­se- und Selbst­steue­rungs­kom­pe­ten­zen beim Pa­ti­en­ten und nicht um un­auf­lös­ba­ren De­ter­mi­nis­mus. So re­fe­rier­te Haut­zin­ger di­vers über die Psy­cho­the­ra­pie der Angst und der De­pres­si­on, um mit dem Fa­zit zu en­den, dass für das Men­schen­bild der Ver­hal­tens­the­ra­pie der Kör­per als bio­lo­gi­sches Sys­tem die not­wen­di­ge Evi­denz be­reit­stellt; ei­nes Men­schen, der Selbst­re­gu­la­ti­on her­stel­len kann, des­sen Grund­be­dürf­nis­se er­füllt wer­den, der sich als mehr­fach­be­stimmt ak­zep­tiert und in ei­ner Hier­ar­chie von Wer­ten und Zie­len ein­rich­tet. So Haut­zin­ger: „Die kör­per­lich-stoff­li­che Wirk­lich­keit bil­det die Grund­la­ge für psy­chi­sches Ge­sche­hen und Be­wusst­sein.“

Vortrag von Prof. Dr. Eva Rass

Im An­schluss folg­te der Vor­trag „Ge­sund­heit und Krank­heit aus Sicht der Bin­dungs­for­schung und Af­fekt­re­gu­la­ti­on“ von Prof. Dr. Eva Rass, die sich schwer­punkt­mä­ßig mit Bin­dungs­theo­ri­en, psy­cho­dy­na­mi­scher Ent­wick­lungs­psy­cho­lo­gie und Af­fekt­re­gu­la­ti­on be­fasst und als nie­der­ge­las­se­ne ana­ly­ti­sche Kin­der- und Ju­gend­li­chen-Psy­cho­the­ra­peu­tin ar­bei­tet, so­wie selbst Mit­glied im vv­pn ist. Ein­drück­lich stell­te Rass dar – fußend auf der Af­fekt­re­gu­la­ti­ons­theo­rie des re­nom­mier­ten ame­ri­ka­ni­schen Psy­cho­lo­gen Allan N. Scho­re –, wie schwie­rig es für El­tern sein kann, in­ten­si­ve Span­nun­gen bei ih­ren Kin­dern aus­zu­hal­ten und ih­nen die Mög­lich­keit zu ge­ben, die­se zu ver­ar­bei­ten. Das Ein­schrei­ten nach der zen­tra­len Ver­ar­bei­tungs­zeit, be­vor das Kind von sei­nen Af­fek­ten über­wäl­tigt wird, kenn­zeich­ne­te Rass als über­le­bens­not­wen­dig für die Ent­wick­lung und see­li­sche Aus­ge­gli­chen­heit des Kin­des. Rass sieht ge­ra­de die­ses psy­cho­the­ra­peu­ti­sche Wis­sen als kul­tu­rel­len Nu­kleus, der nach­hal­tig ver­tre­ten wer­den müs­se, um nach­fol­gen­den Ge­ne­ra­tio­nen die Grund­la­ge für see­li­sche Ge­sund­heit zu er­mög­li­chen. So Rass: „Der Schlüs­sel für das Ge­lin­gen die­ser Pro­zes­se ist die Fä­hig­keit der Für­sor­ge­per­son, ih­ren ei­ge­nen Af­fekt zu be­ob­ach­ten und zu re­gu­lie­ren.“

Vortrag von Prof. Dr. Dr. Thomas Fuchs

Der drit­te Vor­trag des Ta­ges wur­de vom Phi­lo­so­phen und Psych­ia­ter Prof. Dr. Dr. Tho­mas Fuchs ge­hal­ten, der am Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Hei­del­berg als Karl-Jas­pers-Pro­fes­sor über die phä­no­me­no­lo­gi­schen Grund­la­gen der Psych­ia­trie und Psy­cho­the­ra­pie forscht. Fuchs nä­her­te sich dem The­ma un­ter dem Ti­tel „Sub­jek­ti­vi­tät und In­ter­sub­jek­ti­vi­tät in der psych­ia­trisch-psy­cho­the­ra­peu­ti­schen Dia­gno­s­tik“. Hier­bei be­schrieb er Vor­ur­tei­le der ge­gen­wär­tig do­mi­nie­ren­den Neu­ro­psych­ia­trie, die u.a. in­fla­tio­näre psych­ia­tri­sche Dia­gno­sen zur Fol­ge hät­ten. Hoch­ver­siert stell­te Fuchs die An­sät­ze ei­ner in­te­gra­ti­ven und auf Dif­fe­ren­zie­rung ba­sier­ten Dia­gno­s­tik dar, die An­sät­ze zwi­schen Ob­jek­ti­vie­rung (3. Per­son-Per­spek­ti­ve), Sub­jek­t­ori­en­tie­rung (1. Per­son-Per­spek­ti­ve) und ei­ner not­wen­di­gen in­ter­sub­jek­ti­ven Per­spek­ti­ve (2. Per­son-Per­spek­ti­ve) ver­knüpft. Nach Fuchs stellt da­bei vor al­lem die Per­son des The­ra­peu­ten den not­wen­di­gen Kreu­zungs­punkt der ver­schie­de­nen Per­spek­ti­ven dar, als le­ben­di­ges Ge­gen­über,  das seis­mo­lo­gisch für Stim­mun­gen und At­mo­sphä­ren des Pa­ti­en­ten auf­merk­sam ist und ei­ner ge­fühls­be­ton­ten, non­ver­ba­len und „zwi­schen­leib­li­chen“ Kom­mu­ni­ka­ti­on den ge­büh­ren­den Raum lässt. So Fuchs: „Schließ­lich be­darf auch die in­tui­ti­ve Wahr­neh­mung in der Dia­gno­s­tik der Übung und Er­fah­rung; es soll­te zu den zen­tra­len Auf­ga­ben der Aus- und Wei­ter­bil­dung ge­hö­ren, die Wahr­neh­mungs­fä­hig­kei­ten von Psych­ia­tern und Psy­cho­the­ra­peu­ten für zwi­schen­leib­li­che Phä­no­me­ne zu schu­len, da­mit sie nicht nur nach ma­nu­a­li­sier­ba­ren Stra­te­gi­en, son­dern mit In­tui­ti­on und Ge­spür die im­pli­zi­te Ebe­ne der Be­zie­hung zu dia­gno­s­ti­zie­ren und zu the­ra­pie­ren ler­nen.“

Plenum: Thomas Fuchs, Eva Rass, Martin Hautzinger, Birgitt Lackus-Reitter

In der die Ta­gung be­en­den­den Plen­ums­dis­kus­si­on fand ein span­nen­der wis­sen­schaft­li­cher Dis­kurs zwi­schen Frau Rass und Herrn Haut­zin­ger statt, bei dem die Po­si­ti­on ei­nes psy­cho­dy­na­mi­schen Krank­heits­ver­ständ­nis­ses und ei­ne ver­fah­rens­ori­en­tier­te Be­hand­lungs­stra­te­gie der Ver­hal­tens­the­ra­pie ge­gen­über­ge­stellt wur­den. Als Fa­zit wur­de kon­sta­tiert, dass der schwie­ri­ge Be­griff des Men­schen­bil­des in der Psy­cho­the­ra­pie nach wie vor ein dif­fe­ren­ti­el­ler und nicht ein­fach zu fas­sen­der blei­ben muss. Aus die­sem Grund er­schi­en der in­ter­dis­zi­pli­näre Aus­tausch  be­son­ders frucht­bar.

Der die Fach­ta­gung ab­run­den­de Fes­t­a­bend mit Buf­fet und Tanz wur­de von der ener­ge­ti­schen Soul­band „Mels fi­nest“ mul­ti­in­stru­men­tal be­glei­tet und mach­te das 20­jäh­ri­ge Ju­bi­lä­um des vv­pn zu ei­nem rund­um ge­lun­ge­nen Er­eig­nis.

Wei­te­re Bil­der

Die Bil­der­ga­le­rie des Fes­t­a­bends fin­den Sie im Mit­glie­der­be­reich.Falls Sie noch kei­nen Zu­gang ha­ben be­an­tra­gen Sie die­sen bit­te un­ter vv­pn@bvvp.de

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