Klageverfahren / Urteile
Mitgliederinfo: Problematischer TSVG Passus entfernt - Verbände fordern Präzisierungen zu weiterem Vorgehen
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
auch auf unserer website: www.bvvp-bw.de finden Sie die aktuelle Pressemitteilung der Verbände zur „gestuften und gesteuerten Versorgung“ psychisch kranker Menschen in § 92, Absatz 6a des Kabinettsentwurfs des neuen Gesundheitsgesetz TSVG.
Sie alle erinnern sich an die Petition dagegen, die mit einer Zahl an Unterzeichnern von 217.000 alle Erwartungen übertraf.
Was ist nun der aktuelle Stand?
Der wichtige Erfolg ist tatsächlich: Die besagte Passage wird nun aus dem TSVG gestrichen.
Jens Spahn hatte aber in allen Gesprächen mit den berufspolitischen Vertretern und den Medien betont, dass er bereit sei für eine Überarbeitung, dass aber Nichtstun nicht in Frage komme.
Das Ergebnis des Aktionismus des Gesundheitsministers: Der besagte Paragraph wurde nun als sogenannter „Omnibus“, also als Gesetzesanhang, in den Referentenentwurf des Gesetzes zur Ausbildungsreform der PP und KJP hinzugefügt.
Ordnungspolitisch ist das insofern schwierig, als dieses Gesetz die Aus- und Weiterbildung regelt, also berufsrechtliche Belange, und erstmal nichts mit der Versorgung im GKV-System zu tun hat. Außerdem ist das Gesetz, im Gegensatz zum TSVG, im Bundesrat zustimmungspflichtig, die Länder reden also maßgeblich mit.
Das alles könnte man aber noch einigermaßen akzeptieren, wenn der Inhalt der neuen Passage dazu geeignet wäre, tatsächlich die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit komplexem Behandlungsbedarf zu verbessern und ganz gezielt darauf abgestimmt wäre. Dies ist nicht der Fall!
Stattdessen muss die Passage des neuen § 92 so verstanden werden, dass die gesamte Versorgung aller psychisch kranker Menschen durch zusätzliche Regelungen koordiniert und strukturiert werden soll.
Die Passage lautet:
Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Juli 2020 in einer Ergänzung der Richtlinie nach Satz 1 Regelungen für eine berufsgruppen-übergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung sowie zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens.
Die Vereinfachung des Gutachterverfahrens, die hier am Schluss genannt wird, wird von uns ganz ausdrücklich begrüßt im Zusammenhang mit der Gruppenpsychotherapie. Mit einer umfangreichen weiteren Vereinfachung droht aber zugleich die Gefahr, dass die Genehmigungspflicht und damit der Schutz der BSG-Rechtsprechung für unsere Richtlinienpsychotherapie unterlaufen werden. Verschärft wird dieses Problem durch das Ansinnen, all diese Fragen innerhalb unserer Richtlinie abzuhandeln, die damit den Schutz für die eigentliche Psychotherapie verliert. Das kann auf gar keinen Fall in unserem Interesse sein.
Schließlich ist noch eine andere Passage in den „Omnibus“ des § 92 in Satz 1 hinübergewandert, die zu großer Besorgnis Anlass gibt:
Der „Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren“.
Und in der Begründung zu diesen beiden neuen Passagen:
„Die Regelung hat das Ziel, eine an dem jeweiligen Bedarf für die Behandlung einer erkrankungsorientierten, zielgenauen, zeitgerechten und passgenauen Versorgung zu etablieren. Durch die Ergänzung in Satz 1 wird klargestellt, dass der G-BA im Rahmen der Psychotherapie-Richtlinie Regelungen treffen kann, die den Behandlungsbedarf diagnoseorientiert und leitliniengerecht konkretisieren (z.B. Behandlungsumfang und -intensität, Behandlungsart).“
Hier müssen wir mit allen Mitteln Widerstand leisten!
Wir behandeln keine Krankheiten, sondern Störungen mit Krankheitswert, Komorbiditäten sind der Regelfall, und die Patientinnen und Patienten kommen meist mit komplexen oder erst noch zu eruierenden Zielen zu uns. Um nur einige Aspekte zu nennen, die gegen eine solche Störungs- und Diagnose-orientierte Festlegung von Behandlungskontingenten sprechen.
Es ist gut, dass nun etwas Zeit gewonnen ist, um weitere Gespräche zu führen. Jens Spahn hat bereits zu einer weiteren Expertenrunde eingeladen, an der unser Vorsitzender Benedikt Waldherr teilnehmen wird. Das Thema ist also noch lange nicht vom Tisch. Wir werden weiter berichten.
Mit freundlichen Grüßen
Für den Bundesvorstand
Dipl. Psych. Ulrike Böker
bvvp e.V. Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten
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