VVPN – Verband der Vertragspsychotherapeuten Nordbaden

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Erfolg für die Meinungsfreiheit

Das Er­eig­nis

Herr Dr. med. Karl Metz­ner wur­de als Mit­un­ter­zeich­ner ei­ner Stel­lung­nah­me des Un­ab­hän­gi­gen Fach­aus­schus­ses Psy­cho­the­ra­pie in Ba­den-Würt­tem­berg (UFA) we­gen zwei Äu­ße­run­gen ab­ge­mahnt und an­schlie­ßend von der „ME­DI­VER­BUND Ak­ti­en­ge­sell­schaft“, der ME­DI Ba­den-Würt­tem­berg e.V. so­wie der AOK Ba­den-Würt­tem­berg (im Wei­te­ren auch als „Klä­ger“ be­zeich­net) auf Un­ter­las­sung ver­klagt. Ziel der Kla­ge war, ihn ge­richt­lich zur Un­ter­las­sung zwei be­stimm­ter Aus­sa­gen und zur Über­nah­me al­ler Ver­fah­rens­kos­ten zu ver­ur­tei­len.

Die Kla­ge wur­de am 28. Ja­nu­ar von der 5. Zi­vil­kam­mer des Land­ge­richts Hei­del­berg ab­ge­wie­sen. Den Klä­gern wur­den die Kos­ten des Rechtss­treits auf­er­legt.

In dem noch nicht rechts­kräf­ti­gen Ur­teil wird aus­ge­führt: „Die Äu­ße­rung ei­ner Rechts­an­sicht ist, … auch dann grund­sätz­lich zu­läs­si­ge Mei­nungs­äu­ße­rung, wenn sie sich als un­ver­tret­bar dar­stel­len soll­te; in­fol­ge­des­sen darf sie auch in die­sem Fall oh­ne „Be­rich­ti­gung“ wie­der­holt wer­den. Et­wa un­zu­tref­fen­den Rechts­an­sich­ten ist nicht durch Un­ter­sa­gung, son­dern durch Äu­ße­rung der Ge­gen­an­sicht und recht­li­che Dis­kus­si­on zu be­geg­nen.“

Lei­der hat sich die Ein­sicht, dass ver­schie­de­ne Mei­nun­gen und Auf­fas­sun­gen und Rechts­an­sich­ten durch Dis­kus­si­on und eben nicht durch Ge­rich­te zu klä­ren sei­en, nicht um­set­zen las­sen; am 26. Fe­bru­ar 2013 leg­ten die o.g. Klä­ger ge­gen die­ses Ur­teil Be­ru­fung ein.

Al­le im UFA ver­tre­te­nen Ver­bän­de und Per­so­nen, ins­be­son­de­re Herr Dr. Metz­ner, be­dau­ern die­se Ent­wick­lung sehr. Sie be­fürch­ten, dass sich durch ei­ne even­tu­el­le Ten­denz, po­li­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zun­gen nicht durch Dis­kus­si­on, son­dern durch recht kost­spie­li­ge Ge­richts­ver­fah­ren klä­ren zu wol­len, ein Kli­ma der Angst und Ein­schüch­te­rung ver­brei­ten wür­de. Ins­be­son­de­re dürf­ten sich Ein­zel­per­so­nen durch die mit ei­nem ju­ris­ti­schen Ver­fah­ren ver­bun­de­nen Be­las­tun­gen er­heb­lich be­droht füh­len.

Der UFA be­ab­sich­tigt, auch in Zu­kunft sei­ne Funk­tio­nen – die sach­be­zo­ge­ne Ko­ope­ra­ti­on mit der KV und al­len ver­ant­wort­lich han­deln­den Ver­ant­wor­tungs­trä­gern in der Pa­ti­en­ten­ver­sor­gung – un­ein­ge­schränkt wahr­zu­neh­men. Da­bei wer­den die den UFA tra­gen­den Ver­bän­de auch wei­ter­hin je nach Er­for­der­nis die Ent­wick­lung der psy­cho­the­ra­peu­ti­schen Ver­sor­gung in Ba­den-Würt­tem­berg und an­ders­wo so­wohl un­ter­stüt­zend för­dern als auch kri­tisch kom­men­tie­ren.

Zum Hin­ter­grund

Herr Metz­ner ist nie­der­ge­las­se­ner Fach­arzt für Psy­cho­so­ma­ti­sche Me­di­zin und Psy­cho­the­ra­pie, Vor­sit­zen­der des Lan­des­ver­ban­des der Deut­schen Ge­sell­schaft für Psy­cho­ana­ly­se, Psy­cho­the­ra­pie, Psy­cho­so­ma­tik und Tie­fen­psy­cho­lo­gie (DG­PT) e.V. und ei­ner von drei gleich­be­rech­tig­ten Vor­sit­zen­den des Un­ab­hän­gi­gen Fach­aus­schus­ses Psy­cho­the­ra­pie der KV Ba­den-Würt­tem­berg (nach­fol­gend „UFA“). Wei­te­re Vor­sit­zen­de sind Di­pl. Psych. Jür­gen Do­ebert, (stellv. Vor­sit­zen­der des BVVP) so­wie Uwe Kel­ler (Vor­sit­zen­der der VAKJP).

Die Grün­dung und Na­mens­ge­bung des UFA ist dar­auf zu­rück­zu­füh­ren, dass ent­ge­gen den bis­her üb­li­chen Ge­pflo­gen­hei­ten in den Be­ra­ten­den Fach­aus­schuss für Psy­cho­the­ra­pie der KV Ba­den-Würt­tem­berg mehr­heit­lich vom ME­DI-Ver­bund aus­ge­such­te Mit­glie­der ge­wählt wur­den und da­mit die­se Be­set­zung im Ver­sor­gungs­be­reich Psy­cho­the­ra­pie nicht das Er­geb­nis der KV-Wahlen wi­der­spie­gel­te. Um ge­gen­über dem Vor­stand wei­ter­hin be­ra­tend tä­tig sein zu kön­nen, ent­schloss sich die Mehr­heits­frak­ti­on der Psy­cho­the­ra­peu­ten in Ba­den-Würt­tem­berg, ein ei­ge­nes, un­ab­hän­gi­ges Be­ra­tungs­gre­mi­um zu bil­den. Der UFA ver­steht sich pri­mär als un­ab­hän­gi­ger Be­ra­ter der Gre­mi­en der KV, ins­be­son­de­re von de­ren Vor­stand.

Am 2. April 2012 er­reich­te ein­zig Herrn Dr. Metz­ner ein an­walt­li­ches Schrei­ben, in dem er un­ter Be­zug­nah­me auf ei­ne Stel­lung­nah­me des UFA zur Ge­stal­tung des HVM in Ba­den-Würt­tem­berg so­wie zur Be­rei­ni­gung bei Ad-hoc-Ein­schrei­bung vom 27. Fe­bru­ar 2012 auf­ge­for­dert wur­de, ei­ne Un­ter­las­sungs­er­klä­rung ab­zu­ge­ben und da­mit zu ver­si­chern, zwei kon­kre­te Aus­sa­gen nicht zu wie­der­ho­len. Zi­tat aus dem an­walt­li­chen Schrei­ben:

„In Ih­rer Stel­lung­nah­me ha­ben Sie un­ter Zif­fer 4. dar­ge­legt, dass die UFA grund­sätz­lich große Be­den­ken ge­gen die si­tua­ti­ve Ein­schrei­bung ha­be, da auch da­mit die Pa­ti­en­ten­rech­te im Ver­trag nicht aus­rei­chend be­rück­sich­tigt wür­den. Zur Be­grün­dung die­ser Auf­fas­sung ver­wei­sen Sie auf ei­ne bei­ge­füg­te An­la­ge. Die­se An­la­ge trägt die Über­schrift ‚Ein­schrän­kung der Pa­ti­en­ten­rech­te und der Be­hand­lungs­qua­li­tät nach dem PNP-Ver­trag.

Un­ter die­ser Über­schrift fin­den sich ver­schie­de­ne an­geb­li­che Ein­schrän­kun­gen von Pa­ti­en­ten­rech­ten. Un­ter an­de­rem füh­ren sie aus:

Für die Ein­schrei­bung in den PNP-Ver­trag sind als für die Pa­ti­en­ten nach­tei­li­ge Ge­sichts­punk­te zu nen­nen:

  • […]
  • Der Aus­schluss der ana­ly­ti­schen Psy­cho­the­ra­pie als Ein­zel- und Grup­pen­be­hand­lung
  • Die Be­gren­zung der Ge­samt­sit­zungs­zahl auf 50, in Aus­nah­me­fäl­len auf 60 Stun­den,
    [..]

So­dann for­dern Sie den KV-Vor­stand „drin­gend' auf, sich ge­gen­über den Part­nern der Se­lek­tiv­ver­trä­ge ge­gen die­se Ver­trags­ge­stal­tung aus­zu­spre­chen.“

Die DG­PT hat dar­auf­hin zur Ab­wen­dung der an Herrn Dr. Metz­ner ge­rich­te­ten Un­ter­las­sungs­auf­for­de­rung und im Sin­ne der Wah­rung der In­ter­es­sen al­ler un­ab­hän­gi­gen Ver­trags­psy­cho­the­ra­peu­ten in Ba­den-Würt­tem­berg Prof. Dr. Ul­rich Mi­chel aus Ber­lin mit der recht­li­chen Ver­tre­tung Herrn Dr. Metz­ners be­auf­tragt. Die bei­den an­de­ren im UFA ver­tre­ten­den Ver­bän­de (BVVP, VAKJP) ha­ben dar­auf­hin er­klärt, die Kos­ten des wei­te­ren Ver­fah­rens ge­mein­sam zu tra­gen.

Prof. Mi­chel ent­geg­ne­te in ei­nem sehr de­tail­lier­ten Schrei­ben auf die in der Un­ter­las­sungs­er­klä­rungs­for­de­rung er­ho­be­nen Vor­wür­fe. Fa­zit: Die Äu­ße­run­gen des UFA, die Herr Dr. Metz­ner mit­un­ter­zeich­net hat­te, und für die er als Ein­zel­per­son ver­ant­wort­lich ge­macht wer­den soll­te, sei­en aus­schließ­lich sach­be­zo­gen er­folgt. Sie sei­en von vorn­her­ein nicht ge­eig­net, die recht­lich ge­schütz­te In­ter­es­sen­sphä­re der Klä­ger zu tan­gie­ren. Zu­dem – und ent­ge­gen der un­zu­tref­fen­den An­sicht der Klä­ger – han­de­le es sich bei den an­ge­grif­fe­nen Aus­sa­gen auch nicht um Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen, son­dern um nach Art. 5 Abs. 1 GG grund­recht­lich ge­schütz­te Mei­nungs­äu­ße­run­gen. Dem­nach sei die Kla­ge ab­zu­wei­sen; die er­heb­li­chen Ver­fah­rens­kos­ten hät­ten die Klä­ger zu tra­gen.

Zum In­halt des Streits

Der UFA hat­te sich zu dem in Ba­den-Würt­tem­berg von ME­DI und AOK pro­pa­gier­ten kol­lek­tiv­ver­trags­er­set­zen­den Se­lek­tiv­ver­trag im fach­ärzt­li­chen Ver­sor­gungs­be­reich in den Schwer­punk­ten Psych­ia­trie, Neu­ro­lo­gie und Psy­cho­the­ra­pie im Ja­nu­ar 2012 in ei­ner aus­führ­li­chen, an al­le nie­der­ge­las­sen The­ra­peu­ten ver­sand­ten Stel­lung­nah­me po­li­tisch po­si­tio­niert. Nach ei­ner an al­le großen psy­cho­the­ra­peu­ti­schen Be­rufs­ver­bän­de er­gan­ge­nen, mit der Bit­te ver­se­he­nen Ein­la­dung des Vor­stands der KV BW, sich zum ge­plan­ten HVM zu äu­ßern, fer­tig­te der UFA ei­ne zwei­te Stel­lung­nah­me an, in der er auch zu den Pa­ti­en­ten­rech­ten, die er in dem Ver­trag ver­letzt oder nicht aus­rei­chend be­rück­sich­tigt sah, äu­ßer­te. Da die KV nur bei der Be­rei­ni­gung Zu­griffs­rech­te auf die an­sons­ten zwi­schen Kran­ken­kas­sen und Ver­bän­den au­to­nom zu ver­ein­ba­ren­den Se­lek­tiv­ver­trä­ge hat, wur­de dem Vor­stand der KV BW sei­tens des UFA emp­foh­len, sich den Be­rei­ni­gungs­ver­hand­lun­gen so lan­ge zu ver­wei­gern, bis die Pa­ti­en­ten­rech­te zu­frie­den­stel­lend ver­trag­lich ge­re­gelt sind.

Zum Ver­ständ­nis für die­se Si­tua­ti­on sei dar­auf hin­ge­wie­sen, dass im Un­ter­schied zu dem sich an Hau­särz­te rich­ten­den Se­lek­tiv­ver­trag, bei dem die re­gu­lä­re Ein­schrei­bung erst im Fol­ge­quar­tal wirk­sam wird, bei Fach­arzt­ver­trä­gen, bei de­nen u. U. nur ein ein­ma­li­ger Be­such beim Fach­arzt not­wen­dig ist (z. B. Darm­spie­ge­lung), Ad-hoc-Ein­schrei­bun­gen grund­sätz­lich sinn­voll sein kön­nen. Die Ad­hoc-Ein­schrei­bung führt al­ler­dings dann zu ei­ner schwie­ri­gen Si­tua­ti­on, wenn der Pa­ti­ent erst im Zu­sam­men­hang mit der fach­ärzt­li­chen Kon­sul­ta­ti­on mit dem An­ge­bot der Ein­schrei­bung kon­fron­tiert wird. Ein kran­ker Pa­ti­ent, der so­fort drin­gend Hil­fe be­nö­tigt, in ei­nem Zu­stand ängst­li­cher Er­war­tung, mit wel­chem Be­fund ihn die fach­ärzt­lich kar­dio­lo­gi­sche, ga­stro­en­te­ro­lo­gi­sche, psych­ia­tri­sche oder psy­cho­the­ra­peu­ti­sche Un­ter­su­chung mög­li­cher­wei­se kon­fron­tie­ren wür­de, soll nun einen hoch­gra­dig kom­ple­xen Ver­trag un­ter­schrei­ben, von dem – laut Wer­bung von ME­DI und AOK – sich der Arzt zu­gleich si­gni­fi­kan­te Ein­kom­mens­ver­bes­se­run­gen ver­spre­chen darf.

Der UFA be­zwei­fel­te, dass in solch er­heb­li­chen Stress­si­tua­tio­nen für den Pa­ti­en­ten in der Re­gel aus­rei­chend Raum für ei­ne aus­führ­li­che Er­ör­te­rung der Vor- und Nach­tei­le ei­ner Ein­schrei­bung zur Ver­fü­gung steht. Dies gel­te ins­be­son­de­re für den psy­cho­the­ra­peu­ti­schen Be­reich des Ver­trags, der ein neu­es, von den Re­ge­lun­gen des Kol­lek­tiv­ver­trags sub­stan­ti­ell ab­wei­chen­des Kon­zept psy­cho­the­ra­peu­ti­scher Ver­sor­gung bein­hal­te und we­sent­li­che Leis­tun­gen der kol­lek­tiv­ver­trag­li­chen Ver­sor­gung nicht mehr zur Ver­fü­gung stel­le. Des­halb for­der­te der UFA, dass zum Schutz der In­ter­es­sen des Pa­ti­en­ten nach er­folg­ter Ad-hoc-Ein­schrei­bung un­be­dingt ein Rück­tritts­recht vor­zu­se­hen sei, ei­ne Re­ge­lung, die der PNP-Ver­trag nicht bein­hal­te.

Fer­ner wur­de der PNP-Ver­trag in Hin­blick auf Be­rei­ni­gungs­ge­sichts­punk­te im De­tail ana­ly­siert, die we­sent­li­chen Kri­tik­punk­te her­aus­ge­ar­bei­tet und dem Vor­stands­vor­sit­zen­den und der Ge­schäfts­füh­re­rin der KV Ba­den-Würt­tem­berg im Fe­bru­ar 2012 als schrift­li­che Dis­kus­si­ons­grund­la­ge für das an­be­raum­te Tref­fen mit den Be­rufs­ver­bän­den zu­ge­lei­tet. In die­ser Stel­lung­nah­me hat­te der UFA auch dar­auf hin­ge­wie­sen, dass sei­ner Mei­nung nach nicht nur Ana­ly­ti­sche Psy­cho­the­ra­pie in dem Ver­trag nicht als Leis­tung an­ge­bo­ten wer­de, son­dern auch die Gleich­set­zung der im Rah­men der Richt­li­ni­en­psy­cho­the­ra­pie de­fi­nier­ten Leis­tun­gen in den Ver­fah­ren „tie­fen­psy­cho­lo­gisch fun­dier­te Psy­cho­the­ra­pie“ so­wie „Ver­hal­tens­the­ra­pie“ mit dem im Se­lek­tiv­ver­trag mit glei­chem Na­men eti­ket­tier­ten Psy­cho­the­ra­pie­for­men recht­lich nicht halt­bar sei. ME­DI und die AOK be­nutz­ten nun die­ses Schrei­ben, das sie mit Zu­stim­mung der Ver­tre­ter des UFA vom Vor­sit­zen­den der KV BW er­hal­ten hat­ten, als Grund­la­ge für Ih­re Un­ter­las­sungs­ver­pflich­tungs­er­klä­rung. Im April – ein Tag vor den Os­ter­fe­ri­en – er­folg­te die Auf­for­de­rung der „ME­DI­VER­BUND Ak­ti­en­ge­sell­schaft“, der ME­DI Ba­den-Würt­tem­berg e.V. so­wie der AOK Ba­den-Würt­tem­berg, in­ner­halb ei­nes Werk­tags ei­ne Un­ter­las­sungs­ver­pflich­tungs­er­klä­rung zu un­ter­schrei­ben, die zum In­halt hat­te, die dar­ge­stell­ten Äu­ße­run­gen bei ei­ner Ver­trags­stra­fe von je 15.000 € zu un­ter­las­sen und die bis­he­ri­gen Ver­fah­rens­kos­ten der An­wäl­te (1.641,96 €) zu be­glei­chen, ei­ne Frist­ver­län­ge­rung kom­me „in An­be­tracht der gra­vie­ren­den Rechts­ver­stö­ße“ nicht in Be­tracht.

Nach der Zu­rück­wei­sung der Un­ter­las­sungs­ver­pflich­tungs­er­klä­rung durch die Stel­lung­nah­me un­se­res Rechts­an­walts, Herr Pro­fes­sor Mi­chel, ge­sch­ah zu­nächst drei Mo­na­te lang gar nichts.

Es mag Zu­fall sein, oder auch nicht, dass er­neut – die­ses Mal ein Tag vor Be­ginn der Som­mer­fe­ri­en nach ei­ner La­tenz, die zu der im vor­an­ge­gan­gen Schrift­satz be­haup­te­ten zeit­li­chen Dring­lich­keit in deut­li­chen Kon­trast steht – Herrn Metz­ner ei­ne beim Land­ge­richt Hei­del­berg ein­ge­reich­te Kla­ge­schrift er­reich­te, ver­se­hen mit dem An­trag, ihn da­zu zu ver­ur­tei­len, die in­kri­mi­nier­ten Äu­ße­run­gen bei An­dro­hung ei­nes vom Ge­richt für je­den Fall der Zu­wi­der­hand­lung fest­zu­set­zen­den, von ei­ner Bank zu be­si­chern­den Ord­nungs­gel­des von bis zu 250.000 €, er­satz­wei­se ei­ner Ord­nungs­haft von bis zu sechs Mo­na­ten, zu un­ter­las­sen. In der Kla­ge­schrift wur­de be­haup­tet, Herr Metz­ner ha­be die zwei­te Stel­lung­nah­me zur Be­rei­ni­gung bei ad-hoc-Ein­schrei­bung in der Öf­fent­lich­keit ver­brei­tet. Da­mit sei­en schlich­te Un­wahr­hei­ten ver­brei­tet wor­den, die ge­eig­net sei­en, die Ärz­te und die Pa­ti­en­ten so­wie de­ren An­ge­hö­ri­gen und Freun­de, falls sie da­von Kennt­nis er­lang­ten, in er­heb­li­chem Maß zu ver­un­si­chern.

Das Ur­teil vom 28. Ja­nu­ar 2013 – Zur Fra­ge der Mei­nungs­frei­heit bei Se­lek­tiv­ver­trä­gen

Wie oben be­reits aus­ge­führt, hat das Land­ge­richt Hei­del­berg die Kla­ge ab­ge­wie­sen und da­zu auf­ge­ru­fen, dass Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten durch die „Äu­ße­rung der Ge­gen­an­sicht und recht­li­che Dis­kus­si­on“ aus­ge­tra­gen wer­den soll­ten.

Un­ab­hän­gig von die­ser „Ge­ne­ral­li­nie“ ist auch auf einen in­ter­essan­ten Aspekt im Ur­teil hin­zu­wei­sen, der die Zu­kunft von den Kol­lek­tiv­ver­trag er­set­zen­den Se­lek­tiv­ver­trä­gen tan­giert, so­weit an der Um­set­zung die­ser Se­lek­tiv­ver­trä­ge auch Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten be­tei­ligt sind: Das Ge­richt führt näm­lich deut­lich aus, dass die ME­DI Ver­bund Ak­ti­en­ge­sell­schaft als Wirt­schafts­un­ter­neh­men so­wohl den Schutz des so ge­nann­ten „Un­ter­neh­mens­per­sön­lich­keits­rechts“ als auch den Schutz des „Rechts am Un­ter­neh­men“ in An­spruch neh­men kann. Der Schutz des Un­ter­neh­mens­per­sön­lich­keits­rechts be­deu­tet, dass ei­ne Her­ab­wür­di­gung der ME­DI Ver­bund Ak­ti­en­ge­sell­schaft, wel­che das un­ter­neh­me­ri­sche und be­trieb­li­che An­se­hen (so­zia­ler Gel­tungs­an­spruch) be­ein­träch­ti­gen wür­de, nicht zu­läs­sig sei. Das Land­ge­richt stellt in sei­nem Ur­teil un­ter an­de­rem fest, dass ei­ne sol­che Ver­let­zung bzw. Be­ein­träch­ti­gung des Un­ter­neh­mens­per­sön­lich­keits­rechts durch die in Form sach­be­zo­ge­ner Aus­sa­gen er­folg­te Kri­tik des UFA an der Zweck­mä­ßig­keit des PNP Ver­trags im kon­kre­ten Fall aber nicht vor­lie­ge. Das „Recht am Un­ter­neh­men“ be­deu­tet, dass sich Ein­grif­fe nicht nach­hal­tig auf die wirt­schaft­li­che Be­tä­ti­gung des Un­ter­neh­mens aus­wir­ken dür­fen. Dies­be­züg­lich ist die Fra­ge von großer Be­deu­tung, ob jed­we­de kri­ti­sche Stel­lung­nah­me in Be­zug auf das Un­ter­neh­men den Tat­be­stand ei­nes un­zu­läs­si­gen Ein­griffs er­füllt. Das Ge­richt führ­te hier­zu im all­ge­mei­nen aus, dass zwi­schen der Zu­läs­sig­keit wah­rer Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen und der Un­zu­läs­sig­keit un­wah­rer Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen zu un­ter­schei­den ist.

Das Land­ge­richt kam zu dem Er­geb­nis, dass dem UFA und als ei­nem sei­ner Re­prä­sen­tan­ten Herrn Metz­ner, in Be­zug auf ih­re Ein­schät­zun­gen zum PNP-Ver­trag das Grund­recht auf freie Mei­nungs­äu­ße­rung ge­währt wer­den muss. Bei den von den Klä­gern an­ge­grif­fe­nen Äu­ße­run­gen han­de­le es sich um Mei­nungs­äu­ße­run­gen im Sin­ne der Äu­ße­rung ei­ner grund­ge­setz­lich ge­schütz­ten Rechts­mei­nung. Die Äu­ße­rung der Rechts­an­sich­ten durch den UFA, ein­schließ­lich der Äu­ße­run­gen über die Aus­le­gung be­stimm­ter Ver­trags­klau­seln, sei als grund­ge­setz­lich ge­schütz­te Mei­nungs­äu­ße­rung an­zu­se­hen, weil sie nicht die Gren­ze ei­ner nicht zu­läs­si­gen eh­ren­rüh­ri­gen Schmäh­kri­tik über­schrei­te.

Das Land­ge­richt Hei­del­berg kommt des­halb in Ab­wä­gung der grund­ge­setz­lich ge­schütz­ten Mei­nungs­äu­ße­rungs­frei­heit ei­ner­seits und dem eben­falls grund­recht­lich ver­bürg­ten Schut­zes am Un­ter­neh­men an­de­rer­seits zum Ur­teil, dass die Äu­ße­rung der Rechts­mei­nung des UFA vor­lie­gend nicht un­ter­bun­den wer­den kann. Rechts­mei­nun­gen könn­ten nach An­sicht des Ge­richts zwar dann un­zu­läs­sig sein, wenn sie of­fen­kun­dig ver­fehlt, be­wusst ent­stel­lend bzw. ver­dre­hend sind. Dies sei vor­lie­gend aber nicht der Fall.

Wür­di­gung des bis­he­ri­gen Ver­laufs:

Der als aus­ge­wo­gen, sach­lich und in­for­ma­tiv an­ge­leg­ten Ar­beit der Ex­per­ten des UFA wur­de nicht im Rah­men ei­nes sach­li­chen po­li­ti­schen Dis­kur­ses, son­dern sei­tens der „ME­DI­VER­BUND AK­TI­EN­GE­SELL­SCHAFT“, der ME­DI Ba­den-Würt­tem­berg e.V. und der AOK Ba­den-Würt­tem­berg oh­ne jed­we­des An­ge­bot zum Ge­spräch durch recht­li­che Schrit­te, die mit er­heb­li­chen fi­nan­zi­el­len Be­las­tun­gen ver­bun­den wa­ren, be­geg­net. Das LG Hei­del­berg hat die­ses Be­geh­ren der Klä­ger mit sei­nem Ur­teil vom 28.01.2013 ab­ge­wie­sen. Das Ur­teil ist je­doch auf­grund der Be­ru­fung der Klä­ger bis­lang nicht rechts­kräf­tig.

Al­le ver­fah­rens­be­tei­lig­ten Ver­bän­de (DG­PT, BVVP, VAKJP) be­dau­ern die­se Ent­wick­lung sehr. Un­ge­ach­tet des­sen füh­len sich die Mit­glie­der des UFA und die sie tra­gen­den und un­ter­stüt­zen­den Ver­bän­de auf der Bun­des­ebe­ne durch die Ent­schei­dung des Land­ge­richts Hei­del­berg in ih­rer Auf­fas­sung be­stä­tigt, dass po­li­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zun­gen sach­lich ge­führt und nicht in der er­folg­ten Wei­se vor Ge­richt aus­ge­tra­gen wer­den soll­ten.

Der Griff zu Un­ter­las­sungs­er­klä­run­gen fi­nanz­kräf­ti­ger Grup­pie­run­gen, die den Ein­zel­nen mit ho­hen Ver­fah­rens­kos­ten kon­fron­tiert, wenn er nicht schnell klein bei­gibt, be­droht nach Auf­fas­sung der den UFA tra­gen­den Ver­bän­de nicht nur den frei­en Mei­nungs­aus­tausch und die grund­ge­setz­lich ga­ran­tier­te Mei­nungs­frei­heit, son­dern be­hin­dert zu­gleich den not­wen­di­ger­wei­se of­fen zu füh­ren­den Dis­kurs über die Wei­ter­ent­wick­lung von Kol­lek­tiv­ver­trag und Se­lek­tiv­ver­trä­gen im Be­reich der Ge­setz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung.

Da­mit Sie sich selbst ein Bild von die­sem Vor­gang ma­chen, und dar­aus je nach Be­ur­tei­lung Ih­re Kon­se­quen­zen zie­hen kön­nen, fin­den Sie

  • die in­kri­mi­nier­te Stel­lung­nah­me des UFA zu HVM und Be­rei­ni­gung,
  • die Kla­ge­er­wi­de­rung (der von der DG­PT be­auf­trag­ten An­walts­kanz­lei) so­wie
  • das Ur­teil des Land­ge­richts Hei­del­berg vom 28.01.2013 (nicht rechts­kräf­tig)  

auf den fol­gen­den Ho­me­pa­ges:

www.dg­pt.de/Mit­tei­lun­gen/

www.bvvp.de; www.bvvp-bw.de

Dr. med. Karl Metz­ner für die Mit­glie­der der DG­PT

Di­pl.-Psych. Jür­gen Do­ebert und Di­pl.-Psych. Ma­ri­an­ne Funk für die Mit­glie­der des bvvp

Mi­cha­el Hoff­mann für die Mit­glie­der der VAKJP

 

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