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Pressemitteilung: bvvp begrüßt fundierte Studie zu Wartezeiten in der Psychotherapie
Berlin, 17.02.2023. Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) hat aktuell eine „Analyse der Wartezeiten in der Psychotherapie in Bayern“ veröffentlicht. Hierfür wurden die vollständigen Abrechnungsdaten von 68.898 Patient*innen genutzt, die im Kalenderjahr 2021 eine Psychotherapie bei Psychologischen oder Ärztlichen Psychotherapeut*innen oder bei Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen begonnen hatten. Die Daten lassen damit valide Aussagen zu GKV-Versicherten in Bayern zu. Sie zeigen, dass zwischen dem ersten Sprechstundenkontakt und der ersten Psychotherapiesitzung im Median 97 Tage vergingen.
„Die Diskussion zu den Wartezeiten in der Psychotherapie wird oft sehr emotional geführt und viele Studien dazu weisen diverse methodische Schwierigkeiten auf, sodass deren Aussagekraft aufgrund der ihnen eigenen Begrenzungen kritisch betrachtet werden muss. Deshalb halten wir die aktuelle Analyse für sehr geeignet, um das Thema zu versachlichen“, so Benedikt Waldherr, Bundesvorsitzender der bvvp. Wichtig sei außerdem, immer deutlich darzustellen, was in der jeweiligen Studie als „Wartezeit“ definiert werde, sonst würden Äpfel mit Birnen verglichen oder Ergebnisse nicht sachgerecht interpretiert.
Ein weiteres bedeutsames Ergebnis der Studie der KVB sei, dass 80 Prozent der Patient*innen der Stichprobe nur eine*n einzige*n Psychotherapeut*in in Anspruch nähmen, was für eine meist gelingende psychotherapeutische Arbeitsbeziehung spreche. Außerdem sei besonders hervorzuheben, dass die vermeintliche Wartezeit von der ersten Sprechstunde bis zur ersten genehmigten Therapiesitzung keine Zeit der psychotherapeutischen Untätigkeit und des Abwartens sei. Stattdessen fänden in dieser Zeit sechs Kontakte in Form von weiteren Sprechstunden und probatorischen Sitzungen statt. Dieser Prozess diene der genauen Diagnostik und der Überprüfung, ob eine Psychotherapie überhaupt indiziert sei, und wenn ja, welches Verfahren das geeignete sei. „Dies spricht für ein sorgfältiges und qualitativ hochwertiges Vorgehen sowie für einen achtsamen Umgang mit den begrenzten Ressourcen“, kommentiert Bundesvorstandsmitglied Ulrike Böker und ergänzt: „Patientinnen und Patienten unterscheiden in aller Regel nicht zwischen den verschiedenen Kategorien psychotherapeutischer Sitzungen. Sie nehmen diese Zeit bereits als kontinuierlichen Therapieprozess wahr.“
Bezüglich der Zeitspannen zwischen Erstgespräch und genehmigter Psychotherapie gebe es interessante Unterschiede: Zum einen variierten die Zeiten abhängig vom Wohnort und somit vom regionalem Versorgungsgrad. Ein höherer Versorgungsgrad reduziere die Zeitspanne. Darüber müsse weiter diskutiert werden, auch bezüglich der Frage der erneuten Überarbeitung der Bedarfsplanung, hebt der bvvp hervor. Zum anderen seien die Zeiten abhängig vom Alter der Patient*innen – so warteten im Schnitt besonders Kinder- und Jugendliche sowie alte Menschen länger. Bei den Wartezeiten der jungen Patient*innen sei jedoch zu beachten ist, dass hier zu Beginn oft eine umfangreiche diagnostische Phase stattfinde, was in der Richtlinie dadurch berücksichtigt werde, dass eine höhere Anzahl an psychotherapeutischen Sprechstunden und probatorischen Sitzungen zur Verfügung stehe.
Auch seien die Begrenzungen der Studie zu berücksichtigen. So würden darin keine Aussagen darüber getroffen, wie lange Patient*innen auf den ersten Sprechstundentermin warteten, und es gebe auch keine Ergebnisse dazu, was mit den Patient*innen geschehe, die nach einer psychotherapeutischen Sprechstunde nicht in die Behandlung übernommen würden. Zur Beantwortung dieser Fragen seien weitere Studien erforderlich.
Benedikt Waldherr betont: „Die Ergebnisse belegen jedoch, dass Psychotherapeut*innen, entgegen anderslautender Behauptungen von Seiten der Krankenkassen, gewissenhaft und zügig die Verantwortung für ihre Patientinnen und Patienten übernehmen, auch für die schwerkranken unter ihnen.“
Link:https://www.kvb.de/presse/presseinformationen/presseinformationen-2023/10022023/
Der Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten, bvvp, ist der Verband, der sich berufsgruppen- und verfahrensübergreifend für die Interessen aller Vertragspsychotherapeut*innen einsetzt. In ihm haben sich über 5.800 Ärztliche Psychotherapeut*innen, Psychologische Psychotherapeut*innen sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen aller anerkannten Richtlinienverfahren zusammengeschlossen.
Für den bvvp
Dipl.-Psych. Benedikt Waldherr,
Vorsitzender des bvvp
Dipl.-Psych. Ulrike Böker,
Mitglied des Bundesvorstands