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Zu Ihrer Information: Pressemitteilung: bvvp fordert Nachjustierung der beiden Entwürfe zu den Digitalisierungsgesetzen
Berlin, 9. November 2023. Der Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten (bvvp) bekräftigt die bereits geäußerten Kritikpunkte an den beiden Gesetzentwürfen zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz – DigiG) und zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten (Gesundheitsdatennutzungsgesetz – GDNG). Anlass sind die am heutigen Tag stattfindenden ersten Beratungen der von der Bundesregierung eingebrachten Entwürfe. Diese kritischen Hinweise verbindet der Verband mit der Hoffnung, bei den Abgeordneten des Gesundheitsausschusses des Bundestages mit den bereits im Anhörungsverfahren eingebrachten Änderungsvorschlägen Gehör zu finden.
„Die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist ein politisch gewollter Prozess, der inzwischen unumkehrbar ist. Umso mehr gilt es, die in diesem Prozess enthaltenen Risiken für unsere psychotherapeutischen Patient*innen zu minimieren,“ so Benedikt Waldherr, Bundesvorsitzender des bvvp: „Digitalisierung um ihrer selbst willen ist der falsche Weg. Wichtig ist es, einen für Patient*innen und Behandelnde spürbaren Mehrwert zu erzeugen.“ Als besonders kritisch sei hervorzuheben, so Waldherr, dass die Ebene der fachlich-sachlichen Beratung in den Entwürfen mit der der Kostenträgerschaft in unzulässiger Weise vermischt werde. Eine Lösung sieht der bvvp in der Einrichtung eines unabhängigen Beratungszentrums. Er schlägt vor, ein solches an die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung anzubinden.
Die im Entwurf vorgesehene weitreichende Freigabe der videogestützten Behandlung berge aus Sicht des bvvp das große Risiko einer Verringerung der Versorgungsqualität der Patient*innen. Der bvvp fordert daher den Erhalt der bisher festgeschriebenen Begrenzungen: „Videogestützte Behandlung kann und darf nur eine Ergänzung der ambulanten wohnortnahen Behandlung sein.“
Im vorgelegten Entwurf ist zudem der Standort der Behandelnden nicht klar definiert. „Einer sogenannten Callcenter-Behandlung wird mit den Regelungen des Entwurfs Tür und Tor geöffnet,“ so Mathias Heinicke, stellvertretender Vorsitzender und Digitalisierungsexperte des Verbands: „Diese birgt im Unterschied zur Präsenz-Behandlung in der Praxis – und nur sie ist der Goldstandard – immer die Gefahr, dass eine Behandlung gemäß des Krankheitsgeschehens der Patient*innen in vielen Fällen nicht möglich ist, damit indirekt Drehtüreffekte entstehen und schlechtere Prognosen und Mehrkosten zu erwarten sind.“ Schneller und leichter – das bedeute im Bereich der Psychotherapie, deren Qualität sich auf die therapeutische Beziehung und die individuelle Zielerarbeitung beziehe, nie eine Verbesserung der Versorgung, oft jedoch das Gegenteil. Hier müsse dringend nachgebessert werden.
Es sei zudem kritisch anzumerken, dass die Digitalisierung insgesamt zu Unrecht mit hohen Erwartungen bezüglich einer Entbürokratisierung verknüpft werde. Tatsächlich würden die Arbeitsprozesse in den Praxen durch den hohen Dokumentationsaufwand nicht erleichtert. Vielmehr würden diese den Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen unterfinanziert zugemutet.
Einmal mehr müsse die Forderung an den aktuellen Bundesgesundheitsminister deutlich ausgesprochen werden, dass die Digitalisierungsprozesse in den Praxen selbstverständlich erst dann gesetzlich festgelegt werden sollten, wenn die technischen Prozesse für die Anwender*innen auch den tatsächlichen Nutzen erbrächten, den sie propagierten.
„Wir hoffen auf ein gutes Gespür der Abgeordneten bei der Nachjustierung der beiden Gesetzentwürfe“, so Mathias Heinicke.
Der Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten, bvvp, ist der Verband, der sich berufsgruppen- und verfahrensübergreifend für die Interessen aller Vertragspsychotherapeut*innen einsetzt. In ihm haben sich annähernd 6.000 Ärztliche, Psychologische sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen aller anerkannten Richtlinienverfahren zusammengeschlossen.
Für den bvvp
Dipl.-Psych. Benedikt Waldherr,
Vorsitzender des bvvp
Mag. rer. nat. Mathias Heinicke
Stellv. Vorsitzender des bvvp